O.K, wenn ihr meint. Dann leg ich mal los. Ich bin der Lucky, das bedeutet der Glückliche. Ich komme aus Gran Canaria, aber eigentlich denke ich gar mehr so gerne daran, ich weiß nur, dass ich ganz oft Hunger hatte und manchmal ist einer meiner Kumpel verschwunden. Als ich ungefähr ein halbes Jahr alt war, hat mich eine Frau in eine Kiste gepackt und ich bin in einen dunklen Raum geschoben worden. Ich war ganz schön groggy, als ich da wieder raus kam. Ich kam auf diesen Hof nach Haan, den ihr ja kennt.

Warst du da die ganze Zeit?
Ging es dir da besser als in Gran Canaria?
Wie man's nimmt.
Nein, ich war nicht die ganze Zeit da. Im Frühjahr kam eine eigentlich nette Frau, die hat mich zu sich nach Hause geholt. Aber irgendwie verstand sie mich nicht. Und da hab ich mich – wie sagt ihr doch, schlecht benommen. Da bekam sie Angst vor mir.

Da hat sie dann immer das getan, was du wolltest.

Von wegen, sie hat mich zurückgebracht. Die anderen haben sich über mich lustig gemacht, weil es nicht geschafft habe. Denen habe ich aber gezeigt. Ich war vielleicht nicht der Schnellste von allen, aber ich habe alles bekommen, was ich wollte. Mann, hatten die einen Respekt vor mir! Die Menschen dort hatten auch nur Angst. Nur – die haben so ein fieses Zeug gehabt, damit haben die mich angesprüht, bis ich keine Luft bekam und dann haben sie schlimme Sachen mit mir gemacht, mich geschoren und so.
Hört sich aber echt übel an.

Und keiner hat mir etwas erklärt oder sich mal richtig viel Mühe gegeben.

Deshalb kanntest du auch ja auch fast nichts und warst so misstrauisch. Mann, du hast immer nur Bahnhof verstanden.

Äh, was?
Klar kennst Du inzwischen einen Bahnhof, das ist da, wo Eisenbahnzüge halten. Die kennst du auch.

Ja, hab ja nur einen Spaß gemacht. Ich bin aber noch nie damit gefahren.

Ja, wirst du auch noch, kannst du dich drauf verlassen. Nur in Deutschland musst du immer einen Maulkorb anziehen, wenn du mit willst, und da hast du ja Schwierigkeiten.

Nun ja, dann im November im vorletzten Jahr, als es schon ganz schön kalt war, seid ihr auf einmal hier aufgetaucht. Ich hab euch eigentlich gar nicht richtig beachtet, aber dann seid ihr mit mir spazieren gegangen. Ich hab, glaub ich, mich ganz gut benommen, und dann sind wir wieder auf den Hof gekommen und ihr habt mich wieder allein gelassen.

Ja , Mann, wir mussten noch Geld holen, damit wir dich da rauskriegten. Annette und Martina waren auch völlig entsetzt. Sie mussten zum Spaziergang sogar Pfefferspray mitnehmen, sonst hätten wir nicht losgehen dürfen.
Ja, Lucky, das ist das fiese Zeug, das man dir in die Augen gesprayt hat.

Wenn ich heute noch einen seh', der mit dem Finger auf mich zeigt und so tut, als hätte er ein Sprayfläschchen in der Hand, ich könnte mich glatt vergessen.

Ja, Lucky, wissen wir, brauchst nicht weiter zu erzählen.

Ich bin noch nicht fertig.
Tut mir leid, das war missverständlich. Du darfst natürlich deine Geschichte weitererzählen, aber bitte, bitte nicht, wie du ausflippst. Das kennen wir! Verstanden?!!
Ja, gut. Jedenfalls, ich durfte dann bei euch in den Wagen einsteigen. Und wir sind ganz schnell dort weggefahren. Viel zu schnell ist Annette gefahren, und da waren ganz viele Autos, die haben Lärm gemacht, und es war dunkel und unheimlich und ihr habt auch nichts gesagt.

Und als Annette gemerkt hat, dass es dir im Auto nicht gefällt, ist sie gleich von der Autobahn runtergefahren, und wir sind ganz langsam über die Landstraße gefahren.

Jedenfalls kam ich Zuhause bei Euch an. Ich musste mich zu Annette auf die Eckbank setzen. Dann hat sie versucht, mich zu zerquetschen.

Quatsch, sie wollte dich knuddeln.

Sagst du, hab ich damals anders gesehen.

Du hast jedenfalls zugebissen und in der folgenden Nacht Chester und Martina gleich auch.

Martina hat dann gesagt, ich darf nicht mehr mit euch zusammen in einem Zimmer schlafen. Dann bin ich zu Annette gezogen. Das war auch gut so, weil sie verstanden hat, dass ich im Dunkeln mich unsicher gefühlt habe, deshalb haben wir immer bei Licht geschlafen.

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